Springer-Mitarbeiter schämt sich für Mathias Döpfner

Am 25. November 2014 - 15:34 Uhr von Tom Hirche

“Ich schäme mich, indirekt für sie zu arbeiten und mit meiner Intelligenz in ihre Tasche zu wirtschaften.“ Dies schrieb Sebastian Gingter an den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner. Gingter ist Mitarbeiter der Springer Tochter Smarthouse Media. Der Grund für seine Scham: das Leistungsschutzrecht.

So befinde sich Gingter in einer "unglaublich frustrierenden Situation". Von Menschen aus seinem Umfeld werde er gefragt, wie er noch guten Gewissens für so einen Konzern arbeiten könne. Er erklärt Döpfner seine Sicht bezüglich des Leistungsschutzrechts und bittet ihn, aufzuhören "sich selber, die Internet-Gemeinde und den intellektuelleren Teil unserer Bevölkerung zu belustigen."

Überraschend antwortete Mathias Döpfner persönlich und versuchte mit Argumenten der Kritik zu begegnen. Zumindest Herr Gingter hielt diese für "stichhaltig". Dennoch halte er den Ansatz, jemanden einem Kaufzwang unterwerfen zu wollen für moralisch mehr als fragwürdig.

Stefan Winterbauer von Meedia.de hat sich einige Argumente Döpfners etwas genauer angesehen. Hier wird sich zweien gewidmet.

So fordert der Springer-Chef eine Gleichbehandlung von Marktbeherrschern. Da die BILD-Zeitung als marktbeherrschend gelte, müsse sie ein "strenges Korsett von Vorschriften befolgen." Und weil Google ebenso marktbeherrschend sei, müssten für den Internet-Riesen dieselben Vorschriften gelten (sog. "level playingfield").
Jedoch: Die BILD-Zeitung bewegt sich auf dem Markt der Meinungsbildung. Hier müssen sehr strenge Vorgaben zum Schutz kleinerer Wettbewerber gelten, um die Meinungsvielfalt aufrecht zu erhalten. Google hingegen vermittelt den Zugang zu verschiedenen Meinungen und dies diskriminierungsfrei. Die Situation ist folglich nicht vergleichbar, was jedoch nicht bedeutet, Internet-Konzerne dürften gar nicht reguliert werden. Das müssen sie gerade aus wettbewerbsrechtlicher Sicht, aber eben nicht genauso wie ein marktbeherrschendes Verlagshaus.
Doch selbst wenn man eine Gleichbehandlung fordert, so wird diese - wie Winterbauer treffend feststellt - mit dem Leistungsschutzrecht nicht erreicht. Die Marktmacht von Google werde dadurch nicht beschränkt. Es entstehe lediglich die Pflicht, Lizenzgebühren an die Verlage zu zahlen. Eine Begrenzung des Werbebudgets, wie der Springer-Verlag es beispielsweise erfährt, erfolgt damit nicht.

Weiter behauptet Döpfner, dass der bei Google erzeugte Wert durch Springer-Inhalte höher sei, als der durch Google erzeugte Traffic auf Springer-Seiten. Man mache dabei ein schlechtes Geschäft und brauche deshalb das Leistungsschutzrecht. Winterbauer weist in seinem Artikel auf die jüngsten Feststellungen von Springer hin. Nachdem testweise eine Handvoll Springer-Angebote bei Google nur noch mit Überschrift angezeigt wurde, stellte man dort einen massiven Einbruch des Traffics fest. Man sprach von einem finanziellen Schaden in Millionenhöhe für den Verlag gerechnet auf das Gesamtjahr. Ohne den Google-Traffic könnten die Online-Angebote nicht weiterbestehen. Springer selbst habe damit den Nachweis geliefert, dass Google für die Verlage ganz erhebliche Werte schaffe, so Winterbauer.

Ganz so "stichhaltig" sind die Argumente dann wohl doch nicht.

Der Mail-Verkehr erfolgte zunächst nur intern. Auf Vorschlag Döpfners wurde er allerdings später im Springer-Intranet veröffentlicht. Inzwischen ist er bei den Online Marketing Rockstars nachzulesen.

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