Am 11. Januar 2013 - 19:55 Uhr von David Pachali

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger nach dem Regierungsentwurf zum 7. UrhRÄndG

Publikationsdatum 02.01.2013 ~ Art des Materials: Akteure: Schlagworte: Soziales System: Lizenz: 

In der Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht hat Malte Stieper, Urheberrechtsprofessor an der Uni Halle-Wittenberg, den Regierungsentwurf zum Presse-Leistungsschutzrecht analysiert. Sein Ergebnis: Der Entwurf verfehlt das Ziel, Suchmaschinen abgabepflichtig zu machen. Newsaggregatoren wie Rivva und Virato würden im Zweifel aber betroffen sein. Auch sonst sei er handwerklich misslungen.

Schon der Begründung für das Leistungsschutzrecht im Gesetzentwurf kann Stieper nicht folgen:

1. Eine pauschale „Gleichstellung” von Verlegern mit anderen Werkmittlern könne noch kein Grund für ein neues Leistungsschutzrecht sein. Die Verwertungsstruktur sei eine andere als etwa bei Tonträgern, was schon an den unterschiedlichen Schutzfristen deutlich werde.

2. Die Durchsetzung des Urheberrechts sei auch im Netz nicht so schwierig, wie die Verlage behaupten – ein neues Verbotsrecht daher nicht nötig. Man könne „allenfalls darüber nachdenken”, Verleger durch eine gesetzliche Vermutung prozessbefugt zu machen.

3. Der Entwurf gehe von der Vorstellung aus, dass sich Suchmaschinen auf Kosten der Verleger bereichern und ein verwerfliches Geschäftsmodell verfolgen würden. Ebenso gut könne man die Zahlungspflicht umdrehen; dann müssten Verleger für die bessere Auffindbarkeit zahlen.

Auch beim jetzigen Entwurf hält Stieper es für unklar, wen und was das Gesetz schützen soll. Im Unterschied zum Leistungsschutz für Tonträger – wo sich konkrete Aufnahme und Komposition unterscheiden lässt – sei die Abgrenzung bei Presseinhalten nur schwer möglich. Der Regierungsentwurf räume das durch vermeintliche Klarstellungen auch indirekt ein.

Wenn Suchmaschinen Snippets anzeigen, sei die Situation mit Vorschaubildern analog zum BGH-Urteil vergleichbar: Wenn sie nicht mit technischen Mitteln wie robots.txt verhindert werden, könne man von einer Einwilligung ausgehen. Fraglich sei aber, ob das auch für andere News-Aggregatoren gelte, deren Nutzungen weniger üblich sind. Ohnehin lasse der Gesetzentwurf im Dunkeln, wie konkret zwischen Diensten „nach Art einer Suchmaschine” (zahlungspflichtig) und solchen, die Presseinhalte „auf andere Weise” nutzen (nicht zahlungspflichtig) unterschieden werden soll.

Stiepers Fazit: Der jetzige Entwurf sei zwar keine Gefahr für die Freiheit des Internets. Das Gesetz würde aber zumindest für Suchmaschinen entweder leerlaufen oder zur Auslistung von Presseinhalten führen. Die gesellschaftliche Akzeptanz des Urheberrechts insgesamt würde eher noch weiter erodieren.

Das Ziel des Gesetzgebers, eine Abgabepflicht der Suchmaschinenanbieter gegenüber den Presseverlagen zu begründen, wird das geplante Leistungsschutzrecht jedenfalls nicht erreichen. Der Gewinn für die Rechtsinhaber steht daher außer Verhältnis zum politischen Preis eines solchen Leistungsschutzrechts, dessen Einführung als Katalysator für die von Brigitte Zypries bereits 2004 diagnostizierte »Hypertrophie der Schutzrechte« wirken würde, zumal wenn es als Vorbild für die Gesetzgebung anderer Staaten dient.

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