Hintergrund
Die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL) ist eine private Initiative, die im Jahr 2010 von Dr. Till Kreutzer und Philipp Otto gegründet wurde. Derzeit vereinigt sie über 130 Unterstützer unterschiedlichster Art, darunter Blogs, Journalistenverbände, Verlage, Internet-Unternehmen wie Suchmaschinen und Aggregatoren, NGOs und Stiftungen. IGEL wendet sich gegen das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, weil es Innovationen behindert und die Informationsfreiheit einschränkt. IGEL informiert die Öffentlichkeit über die – häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden – politischen Prozesse in Bezug auf das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und spricht sich als zivilgesellschaftliche Initiative im politischen Diskurs gegen dessen Einführung aus.
Unsere Kernargumente
1. Ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist weder gerechtfertigt noch notwendig
Große Zeitungs- und Zeitschriftenverlage behaupten, sie bräuchten ein eigenes „geistiges Eigentumsrecht“, um ihre Publikationen effektiv gegen Piraterie und Ausbeutung in der Digitalen Welt schützen zu können. Tatsache ist, dass alle Inhalte, die von Verlagen veröffentlicht werden, bereits durch das Urheberrecht geschützt sind. Verlage lassen sich von Journalisten (den Urhebern) sehr weit gehende Rechte einräumen – häufig unter unfairen Vertragsbedingungen und gegen geringe Vergütung. Diese Rechte sind in jeder Hinsicht geeignet und ausreichend, um die berechtigten Interessen der Verlage zu schützen und durchzusetzen. Es gibt also keine „Schutzlücke“, die durch das Leistungsschutzrecht für Presseverleger geschlossen werden müsste.
2. Presseverlage benötigen keinen Schutz vor Suchmaschinen und Aggregatoren
Die großen Presseverlage und ihre Verbände behaupten, dass die Betreiber von Suchmaschinen und Aggregations-Diensten ihre Inhalte „ausbeuten“. Tatsache ist, dass sich Suchtechnologie-Dienste und Verlage ergänzen und aufeinander angewiesen sind. Suchmaschinenanbieter und Aggregatoren profitieren davon, dass sie auf Inhalte im Netz verweisen und in diesem Zuge Werbeeinnahmen generieren können. Das Gleiche gilt aber auch für die Verlage: Suchmaschinen und Aggregatoren verschaffen ihnen Millionen von Lesern, Leser bedeuten Klicks, Klicks bedeuten Reichweite und Werbeeinnahmen.
Im Übrigen: Verlage, die nicht wollen, dass über Suchtechnologien auf sie verwiesen wird, können jederzeit aus dieser Symbiose aussteigen. Hierfür genügt es, eine simple technische Funktion (robot.txt) entsprechend zu konfigurieren, schon finden keine Verweise mehr statt. Hiervon macht – natürlich – kein Verlag Gebrauch. Im Gegenteil, gerade große Verlage betreiben massiv Suchmaschinenoptimierung (SEO), um über Suchmaschinen und Aggregatoren besonders häufig gefunden zu werden. Dies beweist nicht nur den Nutzen von Suchtechnologien für Presseverlage, sondern auch die Heuchelei hinter der Forderung nach dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger.
3. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger bedroht Innovationen und den Wettbewerb in der Internet-Wirtschaft und der Presse
Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger schafft massive Markteintrittshürden im Wettbewerb mit Suchtechnologien. Großkonzerne wie Google oder Microsoft mögen in der Lage sein, mit der hierdurch verursachten massiven Rechtsunsicherheit umzugehen. Sie können Rechtsstreite durchfechten und verkraften im Zweifel auch unwägbare Lizenzzahlungen und etwaige Schadensersatzansprüche. Start-up-Unternehmen und Community-Projekte können dies jedoch nicht. Es ist beinahe ironisch, dass sich das Leistungsschutzrecht für Presseverleger letztlich als Instrument realisiert, das die Marktmacht der großen Marktteilnehmer – allen voran Google – stärkt, während es neue Angebote verhindert und kleinere Anbieter aus dem Markt treibt. Damit werden Innovation und Wettbewerb auf diesem Markt erheblich beeinträchtigt.
Das gleiche gilt für den Pressesektor. Großverlage wie Springer oder Burda können es sich leisten, jahrelange Auseinandersetzungen mit den Suchmaschinenanbietern zu führen und hierbei ihre Sichtbarkeit und Reichweite aufs Spiel zu setzen. Vor allem die sehr bekannten Webseiten (wie zum Beispiel bild.de) haben sehr viele Nutzer, die nicht über Suchtechnologien, sondern direkt auf ihre Inhalte kommen. Kleine Verlage oder Blogs profitieren dagegen in besonderem Maße vom fruchtbaren Zusammenwirken mit Suchmaschinen und Aggregatoren, weil diese ihnen mit Abstand die meisten Nutzer zuführen.
4. Es gibt keine „gute Lösung“ für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger
Die Idee des Leistungsschutzrechts für Presseverleger ist für sich genommen eine Sackgasse. Ganz gleich, wie man es ausgestaltet, es wird unweigerlich zu den beschriebenen Problemen führen und massive Kollateralschäden hervorrufen. Das absolute Scheitern der – inhaltlich sehr unterschiedlichen – Ansätze in Deutschland und Spanien und deren dramatische Folgen für alle Beteiligten belegen, dass ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger letztlich immer zu einer Situation führt, in der alle verlieren.
5. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist eine Bedrohung für die Informationsfreiheit
Leistungsschutzrechte für Presseverleger behindern die Auffindbarkeit von Informationen im Internet. Wenn Such- und Aggregationsdienste Rechte klären und/oder bezahlen müssen, um auf Inhalte verweisen zu dürfen, werden diese Inhalte im Zweifel nicht mehr oder nur noch unzureichend verlinkt. Nicht nur, dass die Anbieter der Inhalte hierdurch massiv an Publizität und Reichweite verlieren. Auch die Nutzer werden darunter leiden, weil viele Inhalte nicht mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen gefunden werden können.
Unsere Forderungen an die Europäische Union und die nationalen Gesetzgeber
1. Bereits auf nationaler Ebene eingeführte Leistungsschutzrecht für Presseverleger müssen wieder abgeschafft werden!
2. Mitgliedstaaten muss von Seiten der Europäischen Union untersagt werden, weitere Rechte dieser Art einzuführen!
3. Forderungen zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger auf europäischer Ebene ist eine Absage zu erteilen!