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Bundeswirtschaftsministerium steht standhaft an der Seite der Rechteinhaber
Bereits im Juni hatte das von Peter Altmaier (CDU) geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefordert, an der Urheberrechtsreform gravierende Änderungen zulasten der Urheber und der öffentlichen Interessen vorzunehmen. Die Rede war von "roten Linien". Diese wurden kürzlich nicht nur erneuert, sondern noch erweitert.
Keine Rechtssicherheit beim Leistungsschutzrecht für Presseverleger
Das SPD-geführte Bundesjustizministerium (BMJV) arbeitet momentan daran, die DSM-Richtlinie der EU in deutsches Recht umzusetzen. Ein zweiter Referentenentwurf wurde bereits veröffentlicht. Darin ist das BMJV einer Forderung des BMWi schon nachgekommen: In die Regelungen zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger sollte ursprünglich eine rechtssichere Klarstellung aufgenommen werden. Unter die Ausnahme für "einzelne Wörter oder sehr kurze Auszüge eines Textbeitrags" sollten „in der Regel nicht mehr als acht Wörter“ fallen.
Wie sinnvoll eine solche Klarstellung wäre, zeigt ein Blick auf die Erfahrungen mit dem deutschen Leistungsschutzrecht für Presseverleger, das vom EuGH 2019 schließlich für unzulässig erklärt wurde. Auch darin fand sich eine Ausnahme für "einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte", jedoch ohne konkretisierende Erläuterung. Die Folge waren massive Rechtsunsicherheit, reduzierte Angebote und Prozesskosten in Millionenhöhe – von einer gerichtlichen Klärung war man auch nach sechs Jahren noch weit entfernt.
Doch damit nicht genug. Das BMWi fordert weitere Änderungen am Referentenentwurf und macht davon seine Zustimmung abhängig. So müsse beispielsweise die geplante Mindestbeteiligung der Urheber an den Einnahmen aus dem Verlegerleistungsschutzrecht in Höhe von einem Drittel gestrichen werden. Natürlich nur, "um die Privatautonomie der Parteien nicht zu beschränken", wie es heißt. Dass Urheber sich üblicherweise in einer schwachen Verhandlungsposition gegenüber Presseverlagen befinden und deshalb ohne Mindestquote weniger als ein Drittel erhalten werden, ist offensichtlich gewollt.
Keine Bagatellschranken für Online-Nutzungen
Im Referentenentwurf ebenfalls enthalten ist das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG). Es dient dazu, Artikel 17 der DSM-Richtlinie umzusetzen. Vereinfacht gesagt sollen die Betreiber bestimmter Online-Plattformen im Grundsatz immer für die Urheberrechtsverletzungen haften, die ihre Nutzer begehen. Sie können sich dieser Haftung unter anderem dadurch entziehen, dass sie eine Lizenzvereinbarung mit dem Rechteinhaber des betreffenden Inhalts schließen.
Ohne eine entsprechende Lizenzvereinbarung kann der Rechteinhaber verlangen, dass sein Inhalt auf der Plattform gesperrt wird. Dies gilt auch für die Zukunft. Die Plattformbetreiber sollen verpflichtet werden, „den Nutzer sofort über das Sperrverlangen des Rechtsinhabers zu informieren“, wenn ein Werk auf die Plattform hochgeladen werden soll. Der Nutzer kann nur „sofort“ informiert werden, wenn das hochgeladene Werk beim Upload – also noch vor Veröffentlichung auf der Plattform – analysiert wird. Nur dann lässt sich für den Plattformbetreiber feststellen, ob bereits ein Sperrverlangen des Rechteinhabers besteht, über das der Nutzer zu informieren ist. Upload-Filter sind mit dem aktuellen Gesetzentwurf daher vorprogrammiert. Das BMWi begrüßt dies, obwohl die CDU in der Vergangenheit großspurig verkündet hatte, dass es keine Upload-Filter geben werde.
Streit entzündet sich nun an einer nutzerfreundlichen Bagatellschranke. Nach Paragraph 6 des UrhDaG soll das Hochladen bestimmter Inhalte auch ohne vorherige Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt sein. Dies umfasst "bis zu 20 Sekunden je eines Films oder Laufbildes, bis zu 20 Sekunden je einer Tonspur, bis zu 1.000 Zeichen je eines Textes und je eines Lichtbildes oder einer Grafik mit einem Datenvolumen von bis zu 250 Kilobyte". Im Gegenzug müsse die Plattform für solche Nutzungen eine angemessene Vergütung an den Rechteinhaber zahlen.
Gleichwohl verlangt das BMWi, dass diese Bagatellschranke restlos gestrichen wird, da sie "erheblichen europarechtlichen Bedenken" begegne. Man erkenne "das dahinter liegende Anliegen an, die Kommunikationsfreiheit der Internetnutzer nicht unverhältnismäßig einzuschränken", müsse dies jedoch auf anderem Wege erreichen. Auf welchem, dazu schweigt sich das BMWi aus.
Und wie sollte es anders sein, auch hier stört sich das BMWi an einer Vergütung der Urheber. Paragraph 7 des UrhDaG sieht einen Direktvergütungsanspruch vor; die Plattformbetreiber sollen die Nutzungsvergütung direkt an den Urheber des veröffentlichten Inhalts zahlen, auch wenn dieser seine Rechte an einen Dritten (Verlag, Medienhaus etc.) übertragen hat. Doch dies dürfte nach Ansicht des BMWi "die Plattformen mit zusätzlicher Bürokratie belasten und die Vertragsverhandlungen insgesamt verlängern." Das möchte man natürlich nicht, auch wenn man das Ziel, "die Künstler und Kreativen für ihre Leistung angemessen zu vergüten", natürlich begrüße. Man hält es offensichtlich für den besseren Ansatz, den Direktvergütungsanspruch zu streichen und die Urheber in aussichtslose Verhandlungen zu schicken, an deren Ende sie leer ausgehen werden. So sieht Kulturförderung aus.
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