Am 5. Januar 2011 - 14:35 Uhr von Redaktion

„Ein Leistungsschutzrecht ist kein Tischlein-deck-dich”

Im Interview mit dem medienpolitischen Magazin promedia wirbt Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs der Axel Springer AG, erneut für die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger (Presse-LSR). Man fordere nicht mehr, als Werkmittler in anderen Branchen bereits besäßen. Ein Presse-LSR sei als Ausschließlichkeitsrecht zu gestalten, dies sei „ordnungs- und wirtschaftspolitisch die liberalste Variante”.

Im Einzelnen äußert sich Keese zunächst zur Frage, ob die vom Parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Otto auf den Zeitschriftentagen verwendete Formulierung, die Regierung werde die Einführung eines Presse-LSR „sorgfältig abwägen und in absehbarer Zeit zu einer Entscheidung kommen”, als Rückzieher zu verstehen sei. Keese verneint dies unter Verweis auf die Formulierung im Koalitionsvertrag. Man fordere lediglich ein sogenanntes „einfaches Leistungsschutzrecht”, wie es das Gesetz auch bei anderen Werkmittlern kenne. Dabei sei es die „liberalste Variante”, dieses als Ausschließlichkeitsrecht zu gestalten, bei dem Nutzer frei entscheiden könnten, das Recht der Verlage an den Presseerzeugnissen zu nutzen. Im Unterschied zu Vergütungsmodellen bei den Leistungsschutzrechten anderer Branchen sei eine solche Variante keine Zwangsgebühr, so Keese.

Im Fortgang des Interviews äußert sich Keese über Kostenlosangebote im Internet, deren Verbreitung er auf eine geistig-räumliche Nähe von Silicon Valley und Hippiekultur zurückführt. Es sei ein Irrtum, dass es beim Presse-LSR um Geschäftsmodelle gehe; es gehe um deren rechtliche Grundlage. Zwar gesteht Keese zu, dass Verlage auf steigende Umsätze im Internet verweisen könnten. Diese stammten jedoch nicht aus journalistischen, sondern aus anderen Web-Angeboten. Ein durch andere Verlagsangebote querfinanzierter Journalismus sei in seiner Unabhängigkeit bedroht. Ein Presse-LSR sei nichts anderes als ein „Zaun”, der der digitalen Kopierbarkeit Grenzen setze. Digitale Verlagsangebote seien besser zu schützen.

Auf die Position des BDI gegen die Einführung eines Presse-LSR angesprochen, verwahrt sich Keese gegen eine Charakterisierung des Leistungsschutzrechts als Zwangsabgabe. Es stehe jedem frei, „die Leistung anzunehmen oder nicht”. Weitere Belastungen würden auf die Unternehmen nicht zukommen. Provider seien „in etwa so” von einem Presse-LSR betroffen, wie Verlage von den Eigentumsrechten jener.

Ob es eine Verwertungsgesellschaft für Printverlage geben solle, sei derzeit nicht abzusehen. Sofern eine solche komme, seien Lizenzvereinbarungen von Unternehmen oder Institutionen denjenigen der VG Media in der TV-Branche vergleichbar. Dies gälte dann auch für Aggregatoren, die Inhalte gewerblich nutzen.

Über die Höhe der durch ein Presse-LSR erwarteten Einnahmen für die Verlage macht Keese auf Nachfrage keine konkreten Angaben. Es gehe jedoch „sicher nicht” um Milliarden, sondern um weniger. Journalisten würden an diesen beteiligt werden, wie es mit DJV und Verdi vereinbart sei. Ob dies über die VG Wort geschehen solle, lässt Keese offen.

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